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Jüdisches Leben
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Beitrag vom 02.02.2011
Israelischer Film auf der 61. Berlinale vom 10.02. bis zum 20.02.2011
Tatjana Zilg
Im Panorama wird der aufrüttelnde, fiktive Film "Lo Roim Alaich (Invisible)" der Regisseurin Michal Aviad über zwei Frauen auf der Spurensuche eines an ihnen begangenen Gewaltverbrechens gezeigt.
Auch in den anderen Sektionen wurde eine Auswahl an innovativen Filmen aus Israel sowie weiteren Filmen mit jüdischen Themen aufgenommen. Auf AVIVA-Berlin finden Sie die Übersicht
Wettbewerb
Odem (Lipstikka)
Regie: Jonathan Sagall, Israel, Großbritannien, 90 Minuten, Englisch, Arabisch, Hebräisch
DarstellerInnen: Clara Khoury, Nataly Attiya, Moran Rosenblatt, Ziv Weiner, Daniel Caltagirone
Die Palästinenserin Lara hat vor 13 Jahren Ramallah verlassen und ein neues Leben in London begonnen, wo sie geheiratet hat und Mutter geworden ist. Eines Tages steht Inam vor Laras Haustür, ihre Jugendfreundin aus Ramallah. Sofort ist die Spannung zwischen den beiden Frauen greifbar. Es dauert nicht lange, und Lara wird klar, dass alles, was sie sich aufgebaut hat, durch Inams forsches Eindringen in Gefahr gebracht wird. Denn die beiden Frauen teilen ein Geheimnis.
Panorama
Lo Roim Alaich (Invisible)
von Michal Aviad, Israel, Deutschland, 90 Minuten, Hebräisch, Englisch, mit englischen Untertiteln
DarstellerInnen: Ronit Elkabetz, Evgenia Dodina
Die mehrfach preisgekrönte Regisseurin Michal Aviad lebt und arbeitet seit 1991 in Tel Aviv, zuvor während der 1980er Jahre in San Francisco, wo sie Literatur, Philosophie und Filmwissenschaft studierte. In ihren Spiel- und Dokumentarfilmen setzt sie sich mit dem Palästina-Israel-Konflikt, Militarismus und ethnischer Zugehörigkeit kritisch auseinander.
Mit ihrem aktuellen Film richtet sie den Fokus auf die individuellen Auswirkungen und den gesellschaftlichen Umgang mit dem komplexen Thema Vergewaltigung. Zwei Frauen wurden 1978 durch den selben Mann vergewaltigt und begegnen sich durch Zufall während eines Friedenseinsatzes gegen die militärische Gewalt im Gaza-Streifen wieder. Sie begeben sich auf eine Spurensuche und es gelingt ihnen gemeinsam, sich der Erinnerungsflut anzunähern.
The Queen Has No Crown
Regie: Tomer Heymann, Israel, 85 Minuten, Hebräisch, Englisch
Der Film von Tomer Heymann beleuchtet die Lebensgeschichte von fünf Brüdern und ihrer Mutter, die Erfahrungen des Exils und die Freuden familiärer Bindungen. Insgesamt drei der Heymann-Söhne haben mit ihren Familien Israel verlassen, einer nach dem anderen, weil sie für sich und ihre Angehörigen in den Vereinigten Staaten ein "besseres" Leben erhofften. Ihre Träume haben sie Wirklichkeit werden lassen – aber die Hoffnungen ihrer Mutter damit gleichzeitig zerstört. Selbst geschieden, blieb sie mit zwei unverheirateten Söhnen in Israel zurück. Einer von ihnen ist heterosexuell. Der andere – Tomer – ist schwul. In seinem Film geht es um Zugehörigkeit, Ablösung und Sexualität. Er thematisiert die harten Entscheidungen, die eine Familie zuweilen treffen muss, und das unlösbare Band, das die Familienmitglieder angesichts schwieriger Lebensentscheidungen miteinander verbindet. Dabei stellt der Regisseur seine Untersuchung durchweg in einen größeren sozialen und politischen Zusammenhang: Der israelisch-palästinensische Konflikt, die Spannungen zwischen den in Israel lebenden Arabern und Juden, weltlichen und ultra-orthodoxen Israelis und nicht zuletzt der Kampf um Menschenrechte und sexuelle Selbstbestimmung spielen dabei eine Rolle. Unter Verwendung von alten Schmalfilmen sowie von Ausschnitten aus seinen eigenen Filmen zeigt Tomer Heymann, wie sehr die Stärke seiner Familie von Kräften abhängt, die außerhalb ihrer selbst liegen.
Im Himmel, unter der Erde
Regie: Britta Wauer, Doku, Deutschland 2011, 90 Minuten
mit Rabbiner William Wolff, Harry Kindermann, Ron Kohls, Gabriella Naidu, Reinhard Männe, Familie Pobbig-Schulz, Hermann Simon, Alfred Etzold, Benny Epstein, Daniel Hakerem, Ronnie Golz, Michaela Panske, Gesine Sturm, Lev Tabachnik
Im Norden der Stadt liegt der Jüdische Friedhof Berlin-Weißensee. Er wurde 1880 angelegt, ist 42 Hektar groß, hat derzeit 115.000 Grabstellen und immer noch wird auf ihm bestattet. Weder der Friedhof noch sein Archiv sind je zerstört worden - ein Paradies für Geschichten-Sammler.
Britta Wauer und ihr Kameramann Kaspar Köpke waren immer wieder auf dem Jüdischen Friedhof und haben einen höchst lebendigen Ort vorgefunden. Menschen aus aller Welt kommen dort hin und können von jüdischer, Berliner und deutscher Geschichte erzählen, von der dieser Ort erfüllt ist.
Brasch - Das Wünschen und das Fürchten
Regie: Christoph Rüter, Deutschland, 92 Minuten, Deutsch, mit englischen Untertiteln
Am 3. November 2001 starb mit 56 Jahren der Dichter Thomas Brasch. Wie kaum ein anderer Schriftsteller seiner Zeit balancierte er auf einem dünnen Seil zwischen der DDR und der BRD, zwischen Geschichte und Gegenwart, zwischen Jüdischsein, Deutschsein und Dasein. Dieser Film bietet die Möglichkeit, indem er von Braschs widersprüchlichem Leben und Schaffen erzählt und mit Hilfe von Braschs selbstgedrehtem DV-Material ein radikales Bild von einem Suchenden und sich Versuchenden zu entwerfen. Er störte und verstörte alles und jeden, niemand und nichts war vor ihm sicher, sein Lebensgefühl die Auflehnung. Zuerst widersetzte er sich der staatstragenden Vätergeneration in der DDR und dann, im anderen Teil Deutschlands, jeder Form von Autorität. "Künstler oder Krimineller", das war seine Devise. Christoph Rüter, der Dokumentarfilmer, war mit Thomas Brasch bis zu seinem Tod befreundet.
Berlinale Special Ehrung
Lia
Regie: Taly Goldenberg, Israel, 65 Minuten, Hebräisch, Englisch
Im Mittelpunkt dieses Filmporträts steht die Gründerin des Israel Film Archive, der Jerusalem Cinematheque und des Jerusalem International Film Festivals, Lia van Leer. 1924 in Bãlþi, heute Moldawien, geboren, wurde sie 1940 von ihren Eltern zu ihrer Schwester nach Israel geschickt, wo sie den Krieg überlebte. Ihre Eltern hat Lia van Leer nie wieder gesehen. Bereits in den 1950er Jahren entwickelte sie eine ausgeprägte Leidenschaft für das internationale Kino. Zusammen mit ihrem Ehemann Wim, einem Ingenieur, Piloten, Stückeschreiber und Filmproduzenten, rief sie mehrere Filmclubs ins Leben und gründete 1960 das Israel Film Archive. Es folgten die Haifa, Tel Aviv und Jerusalem Kinematheken und viele weitere Initiativen. 1984 gründete sie das Jerusalem Film Festival, dessen Vorsitz sie bis heute hat. Nach dem Tod ihres Mannes 1991 stiftete sie den Wim Van Leer Award für SchülerInnen, um den 2008 über 90 Filme konkurrierten.
Lia van Leer wurde vielfach ausgezeichnet, unter anderem erhielt sie 2004 den renommierten Israel Prize für ihr Lebenswerk und ihren Beitrag für die Gesellschaft und den Staat Israel. Lia van Leer war mehrfach zu Gast bei der Berlinale und übernahm 1995 den Vorsitz der Internationalen Jury. 2003 war sie beim ersten Berlinale Talent Campus Patin für die junge Initiative.
Generation (Kinder- und Jugendfilm-Sektion)
HaDikduk HaPnimi (Intimate Grammar)
Regie: Nir Bergman, basierend auf dem Buch "Intimate Grammar" von David Grossman, 110 Minuten
DarstellerInnen: Roee Elsberg, Orly Zilbershatz, Yehuda Almagor, Evelyn Kaplun, Eden Luttenberg
Gewinnerfilm des Jerusalem Film Festivals 2010. Spannende und humorvolle Coming-Of-Age-Story, angesiedelt im Jerusalem der 1960er. Der 13jährige Aharon kämpft mit dem Problem, dass sein Körper drei Jahre lang einfach nicht wachsen will. Seine Mutter sieht dies als Angriff auf ihren Erziehungsstil und reagiert vorwurfsvoll. Der Teenager kreiert sich seine eigene phantasievolle Welt und sucht zugleich die Kommunikation nach außen.
Mabul (The Flood)
Regie: Guy Nattiv, Israel, Kanada, Deutschland, Frankreich 2010, 101 Minuten
DarstellerInnen: Ronit Elkabetz, Roshko Michael Moshonov, Roshko Yoav Rotman, Roshko Tzachi Grad, Lir Katz, Dekel Adin
Für den 13jährigen Yoni steht sein Bar Mitzvah unmittelbar bevor. Das Lernen der Tora erfordert eine Konzentration, die er nicht immer aufbringen kann, denn die Ereignisse in seinem Umfeld gehen drunter und drüber. Er überredet seinen Schwarm ihm Surfen beizubringen, doch diese ist teils eher arrogant zu ihm, Schulkameraden ärgern ihn und er sehnt sich nach einer schnelleren Entwicklung seines Körpers. Zu all dem wird auch noch sein autistischer Bruder unvorhergesehen aus dem Heim entlassen und bringt in der Familie alles durcheinander. Nur Yoni findet nach anfänglichem Zögern einen Zugang zu ihm.
Berlinale Shorts
Susya
Regie: Dani Rosenberg, Yoav Gross, Israel, Palästinensische Autonomiegebiete, 15 Minuten
Zwei Palästinenser betreten nach 25 Jahren das erste Mal wieder ihr Heimatdorf, das seit Jahren eine israelische Ausgrabungsstätte ist. Sie kaufen eine Eintrittskarte, und Soldaten folgen den Männern bei jeder ihrer Bewegungen: Abbildung des großen Konflikts im Kleinen.
Forum Expanded
We will be strong in our weakness
A Presentation of the Jewish Renaissance Movement in Poland
Regie: Yael Bartana, Israel, Deutschland, 2011, 60 Minuten, Englisch
DarstellerInnen: Susanne Sachsse, Marc Siegel, Camilla Nielsson
Das Jewish Renaissance Movement ist eine Bewegung, die jüdische Exil-PolInnen dazu aufruft, in ihr Heimatland zurückzukehren. Darüber hinaus soll es in einem größeren Kontext gelesen werden und unabhängig von der komplexen Polnisch-Jüdischen Beziehung als eine experimentelle Form kollektiver Psychotherapie gelesen werden, durch die nationale Dämonen geweckt und ans Tageslicht gebracht werden. Bartana hat mit und über die Bewegung Filme realisiert, "Mary Koszmary (Träume Alpträume)" (2007), "Mur i Wie¿a (Mauer und Turm)" (2009), sowie die Performance "We will be strong in our weakness" (2010), eine öffentliche Beschwörung des Geists der Bewegung durch Susanne Sachsse als Rivka.
Berlinale Co-Production Market
(Nur für entsprechend Akkreditierte)
Spielfilm-Projekte werden von international erfahrenen ProduzentInnen präsentiert, die mindestens 30 Prozent bereits gesicherte Finanzierung mitbringen.
Darunter finden sich unter anderem die neuen Projekte von Eran Riklis mit "The Spider in the Web" (Topia Communications, Israel) und "The 90 Minute War" in der Regie von Eyal Halfon (Norma Productions, Israel).
Talent Project Market
Youth (Produzent Gal Greenspan), Israel
Berlinale Talent Campus
Drei bedeutende Filmemacher werden beim neunten Berlinale Talent Campus über die Darstellung von Krieg im Film reflektieren: Danis Tanovic, 2002 mit einem Oscar für "No Man´s Land" ausgezeichnet, Janus Metz, der 2010 für seinen Dokumentarfilm Armadillo den Großen Preis der Filmkritik beim Filmfestival von Cannes gewann, und Samuel Maoz, der israelische Regisseur und Drehbuchautor, der 2009 den Goldenen Löwen in Venedig und jüngst zwei European Film Awards für Lebanon erhielt.
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61. Berlinale vom 10.02. bis zum 20.02.2011
25. TEDDY AWARD - Die wichtigsten queeren Filmpreise der 61. Berlinale werden im Februar 2011 wieder vergeben
Die Femina 2011 - ein Filmpreis für Frauen
Ausführliche Informationen zum Gesamtprogramm finden Sie unter: http://www.berlinale.de